Unklarheit und Unsicherheit – und nun?

Blog von Friedemann Alsdorf, 01.12.2025
- Klarheit über den Ist-Zustand,
- Perspektiven für die Zukunft und
- eigene Handlungsmöglichkeiten,
wenn wir dies drei haben, dann können wir uns auch in neuen Situationen relativ sicher bewegen. Aber was, wenn eines oder mehrere davon fehlen?
In den letzten Jahren hat es weltweit Veränderungen gegeben von einem raschen Wandel mehr hin zum Chaos. Die meisten Menschen spüren diesen Wandel in ihrem eigenen Lebensgefühl. Verunsicherung, Ängste und Stresssymptome haben in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Dieser Wandel wird mit dem Akronym BANI zusammengefasst. Die Buchstaben bedeuten
- Brittle (brüchig / spröde): Etwas sieht von außen gut und stabil aus, steht aber am Rande des Zusammenbruchs, z.B. weil z.B. keine Reserven bestehen.
- Anxious (angsteinflößend): z.B. das Gefühl, dass Menschen, auf die wir angewiesen sind, katastrophal schlechte Entscheidungen treffen könnten, aber auch die Wirkung von Fake-News.
- Non-linear (nicht-linear): Ursache und Wirkung fallen auseinander, kleine Entscheidungen können massive Folgen haben; große Anstrengungen erbringen ggfs. kaum Ergebnisse.
- Incomprehensible (unbegreiflich / unverständlich): Immer mehr Informationen machen Sachverhalte immer unverständlicher. Und wir erleben Entscheidungen und Ereignisse, die unlogisch und sinnlos erscheinen.
Fatal ist, wenn Komplexität oder Chaos mit zunehmender Einfachheit beantwortet werden. Das erleben wir aktuell in populistischen Strömungen. Doch: einfache „Entweder-Oder“-Antworten führen in komplexen oder chaotischen Situationen zu massiven Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen!
Auf der anderen Seite gibt es in uns eine Sehnsucht nach Einfachheit; dauerhaftes Chaos überfordert uns, da brauchen wir tatsächlich Lösungen, um Perspektiven entwickeln zu können und handlungsfähig zu bleiben. Auch im ganz persönlichen Lebensumfeld.
Wir brauchen dann Orientierung und Sicherheit auf einer höheren Ebene, „Lösungen zweiter Ordnung“, z.B. andere Vorstellungen von Kontrolle und Verfügbarkeit. Dazu gehören so anspruchsvolle (und zugleich einfache) Dinge wie Glaube, Liebe und Hoffnung.
In 1. Mose 26:16-24 erlebt Isaak solche chaotischen BANI-Situationen:
- Die bis dahin vertrauensvolle Beziehung zum Philisterkönig Abimelech wird brüchig; plötzlich ist Isaak „Persona non grata“ und muss das Land verlassen.
- Das schafft eine existenziell bedrohliche, angsteinflößende Situation, denn woher soll er nun das Wasser für seine Familie und seine Herden hernehmen?
- Seine tage- und wochenlangen Anstrengungen, Brunnen zu graben, werden ihm gleich zweimal nach Erreichen des Ziels unerwartet (nicht-linear) aus der Hand geschlagen; seine Existenz bleibt bedroht.
- Warum er letztlich immer weiter hinausgedrängt wird, muss für ihn nicht vorhersehbar und schwer begreifbar gewesen sein.
Der dritte Versuch führt zum Erfolg, weit draußen in der Steppe findet er endlich Raum für sich und die Seinen zum Leben. Doch erst das Reden Gottes („Ich bin der Gott deines Vaters Abraham. Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir und will dich segnen und deine Nachkommen mehren um meines Knechtes Abraham willen.“ Vers 24) zeigt auf einer höheren Ebene die Lösung auf: Es macht nichts, wenn Du immer weiter hinausgedrängt wirst; denn ich, dein Gott, bin mit dir und will dich segnen.
Obwohl die chaotische Ausgangssituation sich nicht geändert hat, gibt es plötzlich eine neue Einfachheit, eine tragfähige und Perspektiven eröffnende Lösung auf einer ganz anderen Ebene. Die Offenheit für und das Ringen um solche Lösungen stärkt unseren Glauben.
Eine zweite Möglichkeit ist die Liebe. Auch im Chaos habe ich die Möglichkeit zu fragen: Wie kann ich mich hier liebevoll verhalten oder einen liebevollen Blick entwickeln? Und wie oder durch wen möchte Gott mir gerade im Chaos seine Liebe zusprechen und zeigen?
Die dritte Möglichkeit ist die Hoffnung. Das ist eine der Hauptbotschaften der Johannesoffenbarung: Chaos, Leid und Unrecht haben immer nur das vorletzte Wort; das letzte hat Gott mit einer Perspektive der Erlösung, der Vollendung, der Gerechtigkeit und des Friedens. Darauf leben wir zu.
Sind wir bereit, für uns und die Menschen, mit denen wir unterwegs sind, immer wieder um diese „Lösungen zweiter Ordnung“, um diese „höhere Einfachheit“ zu bitten und uns dafür zu öffnen? Das wünsche ich mir für mich selbst und ich wünsche es auch Ihnen.
Ihr Friedemann Alsdorf
Mehr dazu auch im Podcast >>>”Umgang mit Chaos und Chaoskompetenz entwickeln” mit Friedemann Alsdorf


