Glaube, Psychologie, Leben

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Leben zwischen eigener Aktivität, Vorherbestimmung und liebevoller Hilfe…

Zur Jahreslosung 2022: “Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen” (Johannes 6, 37)

Die diesjährige Jahreslosung ist Teil eines intensiven Gesprächs.

Das Gespräch

Das Gespräch findet am Tag nach der Speisung von 5000 Menschen statt. Die Menschen suchen Jesus nach diesem großen Wunder und sie finden ihn auf der anderen Seite des Sees. Nun entsteht ein langer Dialog. Es geht um irdisches Brot und Himmelsbrot und das Brot des Lebens. Um die Sehnsucht der Menschen, endlich nicht mehr den täglichen Kampf ums Überleben kämpfen zu müssen – wenn nur Jesus König wäre, dann gäbe es doch immer genug zu essen!

Dass er das kann, hat er ja bewiesen. Aber letztlich, sagt ihnen Jesus, geht es doch noch viel mehr um die Sehnsucht nach dem echten Leben, nach ewigem Leben. Er ist das Brot des Lebens (und nicht nur das Brot für den Magen und den irdischen Hunger), er stillt den Durst für immer. Und nachdem er ihnen das erklärt hat, kommt der Vers der Jahreslosung:

„Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen.“

Was mir auffällt – der Vers ist ja nur die zweite Hälfte. Die ganze Aussage Jesu lautet: „Alle aber, die der Vater mir gegeben hat, werden zu mir kommen. Und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen (oder hinausstoßen).“

Wenn ich nur Teil zwei betrachte, dann heißt das: ICH muss den ersten Schritt tun. Ich muss kommen, ich muss mich auf den Weg machen. Zwar weiß ich, dass die Einladung steht, aber wenn ich es nicht schaffe, mich aufzumachen, dann wird da nichts draus. Das Angebot klingt gut, und keine Frage, es ist sooo gut, dass ich kommen darf und wirklich willkommen bin – was aber, wenn mir die Kraft zum Kommen fehlt?

„Alle, die der Vater mir gegeben hat, werden zu mir kommen.“

Im ersten Teil dagegen heißt es: „Alle, die der Vater mir gegeben hat, werden zu mir kommen.“ (in manchen Übersetzungen noch deutlicher, wie bei einer Sache: „Alles, was mir der Vater gibt, wird zu mir kommen.“) Hier muss ich nichts tun. Ich bin passiv, ich werde gegeben.

Irgendwie stoße ich mich aber auch an dieser Aussage. Bin ich nur ein Spielball? Wenn Gott es will, dann gibt er mich zu Jesus? Was, wenn nicht?

Vorherbestimmung und freier Wille

Diese eine Aussage Jesu enthält die ganze Spannung zwischen Prädestination und freiem Willen. Und ich finde es gut, dass das so nebeneinander steht. Gottes unverdientes Angebot, ja, sein Ziehen und dass er uns in Jesu Hand gibt – gerade dann, wenn wir gar nicht mehr können. Aber auch das Wissen, dass ich immer wieder kommen darf. Dass es kein Abweisen, kein Hinausstoßen gibt.

Das Eigentliche und das Nachgeordnete

Um es mit IGNIS-Fernkursworten zu sagen: Das Eigentliche ist die Widerfahrensebene. Gottes Handeln ist die Basis, es widerfährt mir, es geschieht ohne mein Zutun. Ohne dieses Handeln geht gar nichts.

Aber auf dieses Eigentliche kann ich – als Nachgeordnetes – antworten, ja, ich bin aufgefordert zu antworten! Und ich darf gewiss sein, dass Jesus auch meine schwachen Versuche zu kommen schon sieht, ja, dass Gott gleichsam hinter mir steht und mich stützt und schiebt, wenn mir selbst die Kraft fehlt, und dass Jesus mich dann nicht abweisen wird.

Und darin steckt für mich ganz viel Freude und Trost! Für das ganze Jahr 2022 und darüber hinaus!

Christine Busch

Neugierig, mehr zum Eigentlichen und Nachgeordneten zu erfahren: >>> Der IGNIS Fernkurs “Glaube und Psychologie”