Glaube, Psychologie, Leben

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Objektive Daten. Subjektive Eindrücke. Vertrautheitserkenntnis…

Alt und gleichzeitig immer aktuell ist die Diskussion, auf welchem Weg die Wirklichkeit denn nun wirklich oder möglichst wirklichkeitsnah zu erfassen sei.

Mit dem Begriff „Vertrautheitserkenntnis“ (nach August Brunner, 1985: Offenbarung und Glaube) betonen wir im IGNIS Fernkurs, dass für uns zum Erkennen einer Wirklichkeit, die Gottes Schöpfung ist, die persönliche Beteiligung immer dazugehört.

Lesen Sie hier im Blog oder hören Sie im Podcast, wie Christine Busch, Christliche Beraterin und Leiterin des Fernkursbereichs bei IGNIS, dies an einem alltäglichen Beispiel anschaulich verdeutlicht, und lassen Sie sich einladen, in der Vertrautheitserkenntnis zu Gott und seiner Schöpfung zu wachsen!

Vertrautheitserkenntnis: Vertrautheit und Erkenntnis

Vertrautheitserkenntnis ist ein zentrales Thema im Fernkurs – aber ein Begriff, der uns so kaum vertraut ist. Was sollen Vertrautheit und Erkenntnis miteinander zu tun haben?

Da ist zum einen die Vertrautheit. Laut Duden bezeichnet der Begriff eine enge Beziehung bzw. Verbundenheit. Etwas ist mir vertraut, wenn ich es gut kenne. Wenn ich mich ohne langes Nachdenken damit auskenne. Hier wird deutlich, dass Vertrautheit etwas mit Beziehung zu tun hat.

Und dann die Erkenntnis. Der Duden definiert Erkenntnis als durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht. Erkenntnis bedeutet also, dass ich etwas wahrnehme, dass ich Erfahrungen damit mache und dass ich diese irgendwie mit meinem Verstand verarbeite und so zu einer Einsicht komme.

Verbinden wir nun die beiden Begriffe, dann heißt Vertrautheitserkenntnis: Ich gewinne Erkenntnisse durch Wahrnehmungen und Erfahrungen, die ich dadurch mache, dass mir etwas oder jemand vertraut ist bzw. immer vertrauter wird. Oder nochmal anders herum gesagt: Indem mir etwas oder jemand immer vertrauter wird, mache ich Erfahrungen und diese Erfahrungen führen zu Erkenntnissen.

Wie kann ich mir das konkret vorstellen? Ein Beispiel

Sie möchten sich einen Hund zulegen. Zuerst lesen Sie ein Buch über Hunde. Sicherlich lernen Sie sehr viel darüber, was ein Hund so braucht und wie er sich verhält. Aber kennen Sie jetzt schon wirklich Ihren Hund?
Ich vermute, erst wenn der Vierbeiner bei Ihnen einzieht, wenn Sie ihn immer wieder beobachten, füttern, mit ihm Gassi gehen, Stöckchen werfen oder schmusen, dann werden Sie all diese Dinge wirklich verinnerlichen. Aus der Vertrautheit mit ihrem Hund und dessen ganz eigener Persönlichkeit werden Sie viele weitere Erkenntnisse gewinnen. Und nicht nur Sie, auch Ihr Hund wird mit Ihnen vertraut, wird auf Sie anders reagieren als auf andere Menschen. Diese Erkenntnis, die Sie erst gewinnen, wenn Sie sich auf Ihren Hund persönlich einlassen, die nennen wir Vertrautheitserkenntnis.

Mit Gott und seiner Offenbarung vertraut werden

Das Spannende für uns als Christen ist, dass Gott sich uns genau in einer solchen Vertrautheitserkenntnis offenbaren will.

Es geht ihm nicht darum, dass ich möglichst viele korrekte Aussagen über ihn, seine Schöpfung und seine Absichten treffen kann. Dann würde ich die Bibel wie das Buch über Hunde behandeln. Aber die Bibel selbst berichtet uns ja davon, wie Menschen in Beziehung mit Gott kommen, wie sie Erfahrungen machen und daraus dann Erkenntnis gewinnen.

Da ist z.B. Abraham, der die Erfahrung macht, dass Gott seine Zusage hält und er einen Sohn bekommt. (1. Mose 18, 1-15+ 1. Mose 21, 1-7)
Oder Elia: Er begegnet dem allmächtigen Gott nicht in Sturm oder Erdbeben, sondern im Säuseln des Windes. (1. Könige 19, 9-15)
Denken wir an die sogenannten Emmaus-Jünger: Sie sagen nach der Begegnung mit dem auferstandenen Jesus nicht: „Oh, das war eine gute Auslegung!“, sondern: „Brannte nicht unser Herz?“ Das war das Wichtigste. (Lukas 24, 13-34)
Oder nehmen wir Paulus: Schon als er noch Saulus hieß, kannte er seine Bibel in- und auswendig. Und dennoch brauchte es die Begegnung mit Gott selbst, um ihn zur Umkehr zu bringen (Apostelgeschichte 9, 1-19). Um ihm eine Erkenntnis zu vermitteln, die ihm alles Schriftstudium nicht hatte geben können.

Vertrautheitserkenntnis gewinnen

Aber was genau braucht es zu so einer Begegnung, zu Vertrautheitserkenntnis? Drei Punkte möchte ich dazu nennen:

  • Der erste Punkt ist: Da wird uns etwas geschenkt.
    Vertrautheitserkenntnis können wir nicht „machen“, wir haben diese Form der Erkenntnis nicht in der Hand.
    Das klingt zunächst vielleicht nicht so motivierend, ist aber, recht verstanden, sehr befreiend.
    Denn: Gott hat schon alles getan. Von ihm geht die Initiative aus. Abraham hätte heute noch keinen Sohn, wenn es ihm nicht von Gott geschenkt worden wäre. Und Paulus wäre vielleicht ein genialer jüdischer Lehrer geworden und ein fanatischer Christenverfolger, aber erst als Gott ihm begegnet, ganz unerwartet, da erkennt er, wer Gott wirklich ist.
    Das, was wir beitragen, ist einzuwilligen. Wir sagen unser Ja dazu, dass Gott uns begegnen will.
    Der erste Punkt ist also die Widerfahrnis, die Begegnung mit Gott, auf die wir dann antworten.
  • Der zweite Punkt ist unser Einlassen.
    In der Naturwissenschaft ist es das Ideal, dass der, der etwas herausfinden möchte, selbst nur als neutraler Beobachter, gleichsam aus der Distanz etwas erforscht. Der Forscher sollte möglichst wenig mit dem zu erforschenden Objekt in Berührung kommen.
    Bei der Vertrautheitserkenntnis ist das nicht möglich und auch nicht gewünscht. Gerade indem ich mich – wie im Beispiel – auf meinen Hund einlasse, mit ihm spiele oder schmuse, gerade so erst lerne ich ihn wirklich kennen. Und das gilt auch für die Vertrautheitserkenntnis mit Gott, mit seinem Wort und seiner Schöpfung. Ich gebe meine Distanz auf, ich lasse mich darauf ein, ich wage die Beziehung.
  • Und drittens: Für eine Vertrautheitserkenntnis Gottes braucht es, dass ich Gottes Herrschaft anerkenne.
    So lange ich darauf bestehe, dass ich mein eigener Herr bin, dass ich die Dinge selbst in der Hand habe, so lange wird eine echte Vertrautheitserkenntnis Gottes auf Dauer nicht möglich sein.
    Und dabei werde ich auch, so gut ich es vermag, aus Liebe zu Gott das umsetzen, was ich erkannt habe.
    Es geht bei Vertrautheitserkenntnis also nicht nur um theoretische Erkenntnisse, sondern diese münden in ein gehorsames Handeln aus Liebe.

Noch einmal im Überblick

  • Vertrautheitserkenntnis wird uns geschenkt, sie widerfährt uns – wir willigen ein.
  • Wir geben unsere Distanz auf, wir lassen uns auf Gott ein.
  • Wir anerkennen Gottes Herrschaftsanspruch und wir handeln gehorsam aus Liebe.

Diese drei Stationen oder Punkte werden immer wieder durchlaufen, wenn wir als Christ in einer Beziehung zu Gott leben. Indem ich mit Gott vertrauter werde, wird mir immer mehr Erkenntnis zuteil, ich lerne ihn, sein Wort und seine Schöpfung besser kennen. Dadurch wächst wiederum meine Vertrautheit mit Gott. Es ist ein fortwährender Prozess.

Niemand kann sagen: Jetzt habe ich alles verstanden! Wir müssen und dürfen uns immer wieder neu auf Gott einlassen.

Und das wünsche ich Ihnen von Herzen, dass Sie in der Vertrautheitserkenntnis Gottes immer mehr wachsen und dabei immer tiefer erschließen können, was und wie unsere Wirklichkeit wirklich ist.

Christine Busch (28.06.2022)

 

Mehr zu Vertrautheitserkenntnis und weiteren „Grundlagen Christlicher Psychologie“ erfahren Sie in den beiden IGNIS Lehrbüchern oder erarbeiten es mit diesen Lehrbüchern im Fernkursprogramm der IGNIS-Akademie!