Glaube, Psychologie, Leben

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Sinnkrisen bewältigen

„Wir suchen uns unsere Krisen nicht aus. Sie kommen einfach…“

Was uns durchtragen kann, hat Katrin Kroll beim letzten live dabei Vortrag zusammengefasst und für den Blog nochmals gebündelt:

Krisenzeit ist Bilanzzeit

Ganz egal, wodurch unsere Lebenssituation erschüttert wird – Krankheit oder Konflikte, Verlust oder Langeweile, Gewalt oder Enge – es trifft uns immer relativ unvorbereitet. In den seltensten Fällen können wir eine Krise von Anfang an als Chance willkommen heißen.

Stabilisierung

Meist erleben wir uns durch eine Krise massiv eingeschränkt oder geschädigt. Wir verlieren Kraft oder Beziehungen, Ressourcen oder Integrität. Es ergibt sich ein unseliger Kreislauf: Je größer die Belastung durch die Krise ist, desto weniger haben wir Kraft und inneren Freiraum für die Bewältigung der schwierigen Fragen und Emotionen. Nicht selten ist das der Grund, warum Menschen aus der Stresssituation heraus schwierige Entscheidungen treffen oder – zusätzlich zur Krise – selbst negativ mit sich umgehen.

Deshalb ist der erste Schritt aus der Krise nie, noch tiefer in die Sinnthematik einzusteigen. Vielmehr müssen wir wahrnehmen, dass und wo wir Unterstützung brauchen und welche Bereiche in unserem Leben  dazu beitragen könnten, dass wir die Kraft aufbringen, die Krise zu bewältigen. Wir dürfen erleben, dass wir Hilfe bekommen und annehmen können.

Im Nachhinein – wenn die Krise überwunden ist – ist es oft erstaunlich, wie der Weg durch die Krise ausgesehen hat und dass im Verlauf des Prozesses sogar so etwas wie eine emotionale Muskulatur entstanden ist.

Sich dem Leben öffnen, im Hier und Jetzt ankommen…

Ob ein Mensch konkrete Schritte unternehmen kann, eine Krise zu bewältigen, liegt auch daran, ob er sich traut, in die konstruktive Auseinandersetzung zu gehen.

Dies ist ein Prozess, ein Weg. Nur selten beenden kurzzeitige Interventionen echte Krisen. Vielmehr brauchen die Betroffenen Zeit und Entwicklung auf verschiedenen Ebenen, um sich der „Lösung“ anzunähern:

  • Sie müssen (wieder) finden und erleben, was Wert für sie hat.
  • Sie müssen Veränderungen angehen und lernen, wieder Gestalter zu werden.
  • Sie müssen Orientierung und Mut finden, sich zu entscheiden.
  • Auch das Anerkennen und Tragen von Belastungen, die nicht zu ändern sind, gehört dazu.

Tiefer in Beziehung treten

Obwohl es Gott wichtig ist, ist es doch nicht das Wichtigste für Ihn, dass wir in allen Aspekten unseres Lebens immer sofort den Sinn finden. Das Heilshandeln Jesu Christi ist keine Heilung zur Sinnhaftigkeit, sondern eine Heilung der Beziehungen. Natürlich resultiert daraus in einem zweiten Schritt tiefes Sinnempfinden. Aber zunächst ist Gottes Herzensanliegen Beziehung.

Und die Wiederherstellung von Beziehungen ist in Krisenzeiten von großer Bedeutung. Denn in der Krise ist die Erfahrung tiefer Einsamkeit und Abgeschnittenheit für viele sehr belastend.

Unsagbares und Unfassbares berühren

Letztlich schafft jedes Fragen nach dem Sinn einer Krise einen Raum dafür, mit der transzendenten Bedeutung von Sinn in Kontakt zu treten. In der Begegnung mit mir, mit Gott und dem Nächsten kann ich ganz neu berühren, dass es etwas Sinnhaftes jenseits des Beschreibbaren gibt, dass Gottes Welt größer und unfassbarer ist, als meine Sinnsuche es mit ihren Methoden erfassen kann.

Gerade diese Berührungen sind es oft, die uns unser Leben wieder sinnvoll erscheinen lassen, auch wenn wir nicht ganz genau sprachlich beschreiben können, um was es dabei geht…

„Jetzt habe ich Dich mit eigenen Augen gesehen… Ich hatte von Dir nur vom Hörensagen vernommen; aber nun hat mein Auge Dich gesehen…“ Hiob 42,5

Dieser Ausspruch ist uns von Hiob überliefert, nachdem er durch eine der denkbar schwierigsten Krisen gegangen ist, die wir uns vorstellen können.

Das lässt uns staunen.

Katrin Kroll