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„Wie mich selbst“ –  auf dem Weg zum Nächsten

Das höchste Gebot, Gott zu lieben, und außerdem den Nächsten wie mich selbst, diese zwei wichtigsten Gebote gehören zum christlichen ABC (Mt 22,37-38).

Kürzlich war dieser Bibelabschnitt für mich einmal wieder „dran“ – und dieses Mal ließ es mich besonders aufhorchen, wie unterschiedlich das ist, was über die Liebe zu Gott und zum Nächsten dasteht.

Von ganzem Herzen

Gott sollen wir mit allem, was uns möglich ist, lieben: von ganzem Herzen – das meint biblisch gesehen ja uns als ganze Person, alle menschlichen Fähigkeiten und Facetten. Die weitere Aufzählung stellt das verdeutlichend heraus, je nach Übersetzung ist die Rede von unserer ganzen Seele, aller Kraft, Hingabe, dem ganzem Vermögen, Verstand oder Denken, unserem Willen.

Für die Liebe zum Nächsten dagegen lautet der „Maßstab“: wie dich selbst.

Der göttliche Maßstab

Gott zu lieben, das ist meine Antwort auf seine vollkommene Liebe, die er mir schenkt, bevor ich überhaupt anfangen (kann) zu lieben (1 Joh 4,10 „Gott hat uns zuerst geliebt“). Und meine Antwort soll ein ganzes Ja zu ihm sein, eine ganze Hingabe. Ihm kann ich vorbehaltlos vertrauen. Denn seine Liebe ist vollkommen. Er hat alles für mich getan und ist durch und durch gut.

Der menschliche Maßstab

Wenn es für die Beziehung zum Nächsten nun heißt „wie dich selbst“, dann ist dies sozusagen ein menschliches Maß. Es ist nicht gleich mein ganzes Herz, mein ganzes Sein gefragt. Ich kann mich in der Hinwendung zu meinen Mitmenschen fragen: „Was möchte ich denn in dieser Situation? Was würde ich für mich selbst tun und was wünsche ich mir von anderen? Was möchte ich bekommen?“

Erst einmal bei mir nachfragen

Bei diesen Fragen kann mir manches über mich selbst auffallen. Vielleicht weiß ich gar nicht genau, was ich mir wünschen würde? Vielleicht merke ich, dass ich nicht geben kann oder will, was ich selbst möchte? Oder dass ich es einer bestimmten Person nicht gönne oder denke „mir gibt das auch niemand, also warum dann ich?“… „Dieser andere hat noch nie etwas für mich getan, warum sollte ich dann?“…

Natürlich ist „wie mich selbst“ nicht als Ausrede gedacht, weder dass ich mir einrede, noch dass ich mich so abkapsle, dass ich nichts von mir und schon gar nichts von anderen brauche und mit allem alleine zurechtkommen will. Wenn ich immer zu dem Schluss käme „Ich würde mir gar nichts wünschen, also muss ich auch nichts tun“, dann wäre dies sicher ein Alarmzeichen. So hat Gott uns nicht erschaffen, alleine sein und sich auf Dauer mit allem alleine versorgen gehört nicht zu seinem Plan für uns Menschen.

Ein heilsamer Zwischenschritt

„Wie mich selbst“ – diese Überlegung kann ein heilsamer Zwischenschritt sein:

  • Weiß ich, was ich möchte? Kann ich es vor mir und vor Gott zugeben? Lasse ich es mir schenken?
  • Bin ich bereit, dasselbe dem anderen zu geben? Und könnte ich es auch oder habe ich vielleicht menschenunmögliche oder mich und andere überfordernde Wünsche?

Natürlich decken diese Fragen nicht alles ab, was es zu diesem und vielen weiteren Versen über die Liebe zu sagen gäbe. Doch sie können eine Suchrichtung öffnen, um weiterzuwachsen. Und bei all dem darf ich mich gehalten wissen von Gottes Liebe.

Agnes May (Februar 2023)

Anstöße zu einzelnen Themen könnten diese Vortragsaufzeichnungen geben:

  • Monika Neumann: „Rendezvous mit dem Leben“. Wie wir dem eigenen Leben Sinn geben und uns „ins eigene Leben verlieben“ können.
  • Monika Heß: „So bin ich eben – oder auch nicht?“. Das eigene Selbstbild hat entscheidende Auswirkungen darauf, wie wir Beziehung gestalten, welche Erwartungen wir an das Leben haben, ob wir uns Veränderung, Wachstum und Reifung zutrauen.
  • Monika Heß: „Mit Grenzen zurechtkommen“. Wie ich anderen eine Grenze setze und wie ich selbst mit Grenzen umgehe, kann/muss ich immer wieder üben und das gesunde Grenzensetzen stärken.

>>> Mediathek oder Mediathek Download www.ignis.de/shop/